Enrico als Autor von Marron (Die Geschichte hinter Mariahs Freude) ================================================================================ Kapitel 19: Turn around ----------------------- Robert erstarrte und blickte in den Spiegel, als sich hinter ihm die Tür öffnete. Dort stand - unsicher und händeringend - seine Mutter, Vera Jürgens. Ihrer beiden Blicke trafen sich im Spiegel. "Ja, Mutter, was möchtest du sagen?", fragte er und nestelte wieder an seiner Krawatte herum. Die Frau zuckte kurz zusammen, als sie hörte, wie distanziert ihr einziger Sohn klang. Es bestärkte sie nur noch mehr, nicht von ihrem Vorhaben abzuweichen. "Ich wollte dir eine Frage stellen." Der Lilahaarige zog die Augenbrauen hoch und hielt die Hände still. "Ja?" Vera holte tief Luft, sprach dann allerdings nur stockend: "Liebst du sie?" Diese Frage traf ihn völlig unvorbereitet. Er wirbelte herum und starrte seine Mutter an, als hätte sie eine Bombe platzen lassen. "Das fragst du mich jetzt?", entfuhr es ihm. In der nächsten Sekunde hatte er sich wieder unter Kontrolle und seufzte schwer. "Entschuldige, Mutter, das hätte ich nicht sagen sollen, ich-" "Schon gut", unterbrach sie ihren Sohn, "Du hast mir meine Frage schon ausreichend beantwortet. Liebst du mich und deinen Vater?" "Natürlich", war die wie aus der Pistole geschossene Antwort. Vera Jürgens lächelte. "Dann weißt du auch, dass ich dich unglaublich liebe?" "Ja, Mutter, das weiß ich." So langsam fragte Robert sich wirklich, worauf dieses Gespräch hinauslaufen sollte. Warum wirkte seine Mutter so, als müsse sie gleich weinen? Und weshalb war sie noch gar nicht zurecht gemacht? Weder trug sie das Kleid, das sie für diese Gelegenheit ausgesucht hatte, noch trug sie ihren Schmuck oder Make up. "Mutter? Was ist mit dir?", fragte er zögerlich. "Robert, Schatz...", sie brach ab und räusperte sich dann. Nach zwei weiteren Ansätzen und einem erneuten tiefen Einatmen: "Ich will nicht, dass du unglücklich bist! Bitte, bitte, mach keine Fehler!" "Ich soll was?", war das Erste, das Robert nach einer langen Stille sagen konnte. Er wusste, dass er nicht so klang, wie man es bei ihm erwarten würde, aber seine Mutter sprach auch selten so eindringlich mit ihm. In seinem Kopf herrschte Chaos und er fragte sich, was sie alles wusste. Hatte sie mit Johnny gesprochen? Oder hatte der sein Versprechen gehalten und nichts erzählt von jener Nacht? Wusste sein Vater davon, was sie hier tat? Ging das überhaupt in die Richtung, die Robert glaubte, dass es gehen würde? Seine Gedanken stapelten sich und er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Vera schien nach diesem einen Satz tatsächlich ruhiger zu werden. Sie nickte und klang nun viel ruhiger: "Ich habe dich beobachtet. Mehr, als es dir vielleicht bewusst ist, mein Sohn. Eine Mutter spürt, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Ich habe gesehen, wie du nicht mehr lachst. Ich habe gesehen, wie du nicht mehr Schach spieltst. Ich habe gesehen, dass du das Klavier nicht mehr anrührst. Auch dein Beyblade bleibt in seinem Kästchen liegen. Alles, was du so gerne tust und was dich ausfüllt - das lässt du bleiben!" Ihre braunen Augen durchbohrten ihn und forderten ihn auf, die Wahrheit zu sagen. Dennoch ertappte sich Robert dabei, wie er genau das sagte, was der Situation angemessen war, was von ihm erwartet wurde: "Ich tue diese Dinge im Moment nicht mehr, weil ich beschäftigt bin, Mutter. Ich bin kein Kind mehr. Wenn ich erst einmal ein Ehemann bin, wird von mir erwartet, mich um die wichtigen Dinge im Leben zu kümmern." "In wessen Leben, Junge? Deinem? Oder dem, was du für das Leben hälst, dass wir uns angeblich für dich wünschen?" Robert schwieg, als hätte seine Mutter ihm vor den Kopf geschlagen. "Angeblich"? Was sollte das heißen? Hatte er nicht seine ganze Kraft bisher darauf verwandt, ein würdiger Sohn zu sein? Was war daran denn falsch, das seine Mutter so vorwurfsvoll geklungen hatte? "Mutter?", flüsterte er hilflos. "Mein Güte, Junge!", rief Vera aus und umarmte ihr einziges Kind. "Du dummer kleiner Kerl!", schalt sie ihn dann liebevoll, "Du musst doch nichts beweisen. Du bist mein Sohn und das bleibst du auch - ganz gleich, wie du dich entscheidest. Oder wen du liebst." Robert schlang die Arme um die Mitte seiner Mutter und atmete ihren vertrauten Duft ein. Die Worte klangen in ihm nach und er erkannte, dass es dumm gewesen war, etwas vor seiner Mutter gehiem zu halten. Sie löste sich gerade weit genug von ihm, um sich herunter zu beugen und ihm in die Augen zu sehen. Fest nahm sie sein Gesicht zwischen ihre Hände. "Ich bin am stolzesten auf dich, wenn du stark genug bist, deinen eigenen Weg zu gehen. Du sollst nicht das tun, was andere für das Beste halten. Du sollst dein Leben leben und glücklich sein. Ich werde dich immer lieben, also triff jetzt die Entscheidung, die für dich allein die richtige ist!" Lange starrte Robert sie an und suchte in ihrem Blick nach der Wahrheit. Dann nickte er und lächelte. Zum ersten Mal seit Wochen war es ein echtes, herzliches Lächeln. "Danke, Mama!", erwiderte er und rannte aus dem Raum. Noch in der Tür zog er sein Handy hervor und wählte Johnnys Nummer. Wenn es eines gab, dass er jetzt tun musste, dann war das, den Schotten zu sprechen! "Viel Glück, mein Junge", murmelte Vera Jürgens vor sich hin, als sie auf die offen stehende Türe sah. "Robert?", ertönte es von draußen und Oliver steckte den Kopf herein. "Frau Jürgens, was...?", machte der Frabzose verdattert. Angesprochene lachte leise. "Hallo, Oliver. Ich fürchte, du wirst nicht dazu kommen, Trauzeuge zu sein. Die Hochzeit fällt aus!" "Sie fällt aus?!", echote Oliver restlos verdattert. Viel mehr als diese Neuigkeit irritierte ihn aber, das Roberts Mutter angesichts dieser Entwicklung laut und fröhlich lachte. Wie zum Geier war das denn nun passiert?! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)